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09.12.2007, 15:33

EURIBOR Zinssätze Frage :-)

Hallo,

wenn man Zinskurven plottet, dann haben die immer in den ersten Wochen eine Art "Knick". Im Normalfall nach unten, was ich mir einfach damit erkläre, dass die bei kurzfristigen Zeiträumen die Zinsen schneller steigen. Aber hin und wieder geht so ein "Knick"auch nach oben.
Hab schon im Netz gesucht, aber keine sinnvolle Erklärung gefunden.

Kann mir vielleicht jemand der sich damit auskennt weiterhelfen? Worf?
:)

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »[pG]Sunzi« (10.12.2007, 12:12)


2

09.12.2007, 18:49

Auf dem Plot sieht man natürlich ne ganze Menge. :D

Ich habe gerade mal ein Excel-File von vor 3 Monaten rausgesucht und die Werte der aktuellen Zinsstruktur angepasst.

Da hab ich auch die historischen Daten drin, wenn du einfach mti der Maus in das Scroll-Feld links nebem dem Diagramm klickst, dann blättert es die historischen Daten durch und du bekommst ein Gefühl, wie sich die YC verändert.

Wieso die YC so komisch aussieht... tja - nix genaues weiß man nicht. :D
Ich persönlich finde die Marktsegmentierungsthese ganz einleuchtend. Danach haben unterschiedliche Gruppen von Marktteilnehmern unterschiedliche Anlagehorizonte und agieren deswegen nur in einem Teilmarkt mit den entsprechenden Laufzeiten.
Gerade der Zins am kurzfristigen Ende ist entkoppelter von normalen Anlagemotiven und dient eher der Liquiditätssicherung/Finanzierung. Aus diesem Grund betrachtet man meist auch den 3-monatigen Zins als kürzestes Instrument und approximiert mit ihm den instantaneous Zins, da die Übernacht-Zinsmärkte zu sehr von einzelnen Transaktionen verzerrt werden können.
In deiner Grafik schaust du dir aber auch nur sehr kurze Zinssätze an. meineswissens ist es natürlicher, sich 3M, 6M, 1Y - 10Y anzuschauen. Nimm vielleicht noch 1M und 2M hinzu, du wirst sicher bei den sehr kurzen immer noch einen knick drin haben, allerdings verzerren dann kurzfristige Transaktionen nicht mehr ganz so stark. Das Anlagemotiv ist ja das entscheidende bei einer Untersuchung der YC, da möchte man von Liquiditätsengpässen einzelner Unternehmen abstrahieren.

Wenn Anleger keine Zeitpräferenz haben, müsste die Zinsstrukturkurve flach sein, ansonsten ansteigend.
Zinsen spiegeln ökonomisch auch eine Erwartung über die Zukunft wieder. Sind diese Erwartungen sehr heterogen, wie es anscheinend manchmal der Fall ist, so verformt sich die YC komisch (bumps oder sogar inverse, d.h. kurzfristiges Ende ist höher als langfristiges).
Da empirisch der Zins allerdings ganz gut mit einem mean-reverting Prozess beschrieben werden kann, so ist für sher langfristige Anleihen die konditionale Vola niedriger, da man eben dieses mean-reverting erwarten kann.

Die ECB hat eine ganz gute Seite, wo du auch Daten bekommst. Schau dir die Animation mal mit 0,5 Sekunden Verzögerung an.

Ein Problem ist auch die Parametrisierung der YC. Von ihrer Natur her ist die YC ja unendlich-dimensional, d.h. jeder Punkt auf ihr könnte eigenes modelliert werden. Zudem hat man eigentlich keine Kurve, da die Kurve ja ihrerseits nur wieder eine approximation ist, am Markt sind die Zinsen keinesfalls so eindeutig, da man ja auch um das Risiko bereinigen muss.
Hat man also eine Kurve, stellt sich die Frage der Modellierung. Man könnte einmal die Kurve mittels geeigneter Stützstellen, also am Markt beobachtbaren Bonds, direkt modellieren oder sie anders parametrisieren. Ein Beispiel dafür findest du bei der ECB oder in meiner Excel-Datei.

Anmerkung: Nach dem HJM-Theorie modelliere ich die gesamte YC mit n Freiheitsgraden, also n Bonds mit verschiedenen Laufzeiten. Egal welche Bonds ich dann nehme, ich kann mich (in der Theorie) perfekt zu jeder Laufzeit hedgen. Allerdings ist es nicht so ganz ersichtlich, wieso ich einen Anlagehorizont von 2 Jahren mit bspw. Bonds mit 20 und 30 Jahren Laufzeiten hedgen soll - dies wird am Markt nicht gemacht.
Hier schließt sich wohl wieder der Kreis zur Marktsegmentierungstheorie, man müsste das HJM erweitern.
Gute Literatur zum Thema findest du, außer im schon erwähnten Buch von Carmona (knapp, gut und sophisticaated, aber auch speziell), in Rebonato (älter, mittlerer Umfang), Cairns (kürzer), Brigo (dick und oft nervig, sehr ausführlich) und Pelsser (die Theorie knapp, guter Überblick + etwas Empirie und Umsetzung). In die erst- und letztgenannten würde ich vielleicht zuerst reinschauen.

3

14.12.2007, 16:23

Hatte es etwas genützt? Brauchst du ein paar von den Büchern?

4

15.12.2007, 03:57

typischer worf-post, ohne fachwissen nich zu verstehen ..
bin 7. semester finmath und kapier so grad mal die hälfte, wird aber immer besser dank entsprechender vorlesungen ^^

(oda kannst evtl mal kurz die sätze erklären:

Zitat

Wenn Anleger keine Zeitpräferenz haben, müsste die Zinsstrukturkurve flach sein, ansonsten ansteigend.

Zitat

Da empirisch der Zins allerdings ganz gut mit einem mean-reverting Prozess beschrieben werden kann, so ist für sher langfristige Anleihen die konditionale Vola niedriger, da man eben dieses mean-reverting erwarten kann.
)

hab mir den thread nochmal angeschaut wegen dem artikel: "Stadt Hagen will Deutsche Bank verklagen", wo die deutsche bank verschiedenen städten komplizierte swaps (art von finanz"produkten") angedreht hat, die auf der zinsstrukturkurve aufbauen.
finds hier recht gut dargestellt:
- normale zinsstrukturkurve (= anleger erwarten positive konjunktur) = städte machen gewinn bzw sparen ordentlich zinskosten
- flache bzw inverse zinsstrukturkurve (= anleger erwarten negative konjunktur/rezession) = städte zahlen drauf + deutsche bank macht schönen gewinn

mir scheint, dass die deutsche bank da um einiges gewiefter vorgegangen is (positive konjunktur: deutsche bank macht sowieso gewinn, negative konjunktur: d. bank gewinnt geld von den städten ?!) und das risiko viel besser überblickt hat, also drastisch gesagt: deutsche bank verarscht städte ^^


zu sunzis frage:
hab mir worfs ECB-link mal angeschaut. die verschiedenen tageszinsstrukturkurven bleiben beim 6 monate laufzeit rum fast konstant, während sie bei 1 jahr laufzeit krass nach oben und unten extrem schwanken.
kann des sein dass des an dem dabei angewandten mathematischen modell liegt?? hab von dem verwendeten svensson-modell leider (noch) keinen plan ?(
ansonsten klingt deine Marktsegmentierungsthese ganz plausibel, soweit ich die versteh..

5

15.12.2007, 16:11

Zitat

Original von GEC|Bats
(oda kannst evtl mal kurz die sätze erklären:

Zitat

Wenn Anleger keine Zeitpräferenz haben, müsste die Zinsstrukturkurve flach sein, ansonsten ansteigend.


Wenn es dem Anleger egal ist, ob er sein Geld für 3 Monate oder 1 Jahr anlegt und er für beide Anlagen den selben zins bekommt (flache Zinsstrukturkurve), so ist dies äquivalent zu derr Aussage, dass Anleger keine Zeitpräferenz haben. Man geht aber dvon aus, dass Anleger eine Zeitpräferenz haben, da längere Anlagehorizonte mit Unsicherheit, d.h. Risiko (eigenes Ableben etc.) behaftet sind und deswegen müssen längere Anlagen mit einem höheren Zins entlohnen <=> die YC ist ansteigend.

Zitat

Da empirisch der Zins allerdings ganz gut mit einem mean-reverting Prozess beschrieben werden kann, so ist für sehr langfristige Anleihen die konditionale Vola niedriger, da man eben dieses mean-reverting erwarten kann.

Man hat festgestellt, das der Zins, anders als Aktien, nicht immer weiter steigt sonder historisch eigentlich immer in einer Range zwischen 2% und 20% lag. Außreiser davon gehen praktisch immer auf starke Inflation zurück. Dies bedeutet, dass der stochastische Prozess des Zinses sich anschaulich anders als der von Aktien verhält und immer wieder zu einem langfristigen Mittel hingezogen wird, wenn er sich von diesem zu weit entfernt. Statt mean-rverting spricht man auch von Ornstein-Uhlenbeck-Prozessen. Die dürften dir sicher als Finanzmathematiker geläufiger sein.
Willst du jetzt die Forward Rate mit Lautzeit t1 in einem Jahr wissen, so kommt dafür zumeist eine ziemliche Range in Frage. Willst du allerdings die FR mit Laufzeit t1 in 10 Jahren wissen, so weißt du, das der stochastische Prozess langfristig gegen sein Mittel gezogen wird.
Naja, da kommen noch andere Komponenten hinzu, ist etwas stark vereinfacht.

Zitat


hab mir den thread nochmal angeschaut wegen dem artikel: "Stadt Hagen will Deutsche Bank verklagen", wo die deutsche bank verschiedenen städten komplizierte swaps (art von finanz"produkten") angedreht hat, die auf der zinsstrukturkurve aufbauen.
finds hier recht gut dargestellt:
- normale zinsstrukturkurve (= anleger erwarten positive konjunktur) = städte machen gewinn bzw sparen ordentlich zinskosten
- flache bzw inverse zinsstrukturkurve (= anleger erwarten negative konjunktur/rezession) = städte zahlen drauf + deutsche bank macht schönen gewinn

Solche Produkte heißen bei uns "Steepener", man wettet auf die Steilheit der Zinsstrukturkurve. Unte anderem für soclhe Produkte hatte ich angefangen, ein Bewertungstool zu entwickeln.
Dazu vielleicht erst einmal ein paar Vorbemerkungen: Wenn man mit der YC auf Hauptkomponentenanalyse (PCA) macht, dann kommt man zu folgendem Ergebnis: Die ersten 3 Komponenten (von praktisch ca. 12 und theoretisch unendlich vielen) erklären zusammen schon ca. 99% der Varianz. Die erste Komponente ist das Niveau (~Mittelwert) der YC, sie erklärt ca. 67%. Die zweite Komponente gibt die Steigung (meist 10Y-2Y) an, sie erklärt ca. 30%. Die dritte Komponente gibt die Krümmung (meist 6Y - (10Y-2Y)) an und erklärt ca 2% der Varianz. Alle restlichen Faktoren erklären demnach nur 1%. Dies findet man ganz nett in Carmona, welcher oben verlinkt ist.
Es werden jetzt Derivate konstruiert, welche explizit auf einen dieser Faktoren abstellen, sehr gern die Steilheit als zweiten, Krümmung gibt es aber auch. Auf das Niveau wettet man ja, da es als alleiniger Faktor so dominierend ist, sowieso schon bei ganz normalen Zinsswaps.

Ein Swap funktioniert erst einmal so: 2 Parteien vereinbaren, sich gegenseitig ind er Zukunft Geld zu einem bestimmten Zins zu leihen. Normal ist der eine Zins fest, der andere variabel gestalet. Klassisch wird er an den LIBOR gehängt. Bei Fälligkeit werden dann nur die Zinsdifferenzzahlungen ausgetauscht, nicht der wirklich nominale Kredit gewährt.
Liegt der LIBOR-Satz unter dem fixen Zins, so gewinnt die eine Seite, liegt er darüber, so die andere. Das ganze wäre natürlich noch ziemlich einfach, weswegen man es mit zusätzlichen Regelungen versieht - damit es schwerer Berechenbar wird. ;)

Im Beispiel wollte die Stadt in Frühjahr 2005 auf eine steile YC spekulieren, d.h. das kurzfristig die Zinsen niedrig bleiben, sie aber langfristig ansteigen. Dies ist eine bestimmte Marktmeinung, die man zu diesem Zeitpunkt gut haben konnte.

Zitat


mir scheint, dass die deutsche bank da um einiges gewiefter vorgegangen is (positive konjunktur: deutsche bank macht sowieso gewinn, negative konjunktur: d. bank gewinnt geld von den städten ?!) und das risiko viel besser überblickt hat, also drastisch gesagt: deutsche bank verarscht städte ^^


So kann man das nicht sagen, es geht ja hier explizit um dieses Produkt. Die Bank selbst macht ja bei einer positiven Konjunktur auch nur Gewinn, wenn sie auf die positive Konjunktur wettet.
Ehrlicherweise muss man sagen, dass bei der DB wohl echt Verkaufstalente am Werk waren. Der Zinssatz ist ja zutiefst Pfadabhängig, weil immer der Zins der Vorperiode eingeht.
Zu der Beispielrechnung muss man aber auch sagen, dass der Zins ja ganz niedrig war, un ddeswegen eine inverse Zinsstrukturkurve, also sogar noch niedrigere Zinsen am langen Ende, eigentlich extrem unwahrscheinlich waren. Somit konnten die hohen Zinsen von ca. 18% in der Grafik, letzte Spalte, eigentlich nie von der DB erreicht werden.

Da die YC flach anstieg und nicht steil, so ist die vorletzte Spalte relevant und sie mussten ganz schön Zahlen, die Zinsdifferenz * 170 mio € jedes Jahr. Die Supprime-Krise tat sicher ihr übriges, das die Zinsen am kurzen Ende so stark anstiegen und die YC deswegen so flach nur im Niveau anstieg, nicht jedoch steiler wurde. Tja, dumm gelaufen. :D

btw es wird immer ausführlich beraten, es gibt zu jedem Produkt so ein Prospekt. Ich kenn es von unseren, da sind immer die Risiken nochmal einzeln aufgezählt gewesen.

Zitat


zu sunzis frage:
hab mir worfs ECB-link mal angeschaut. die verschiedenen tageszinsstrukturkurven bleiben beim 6 monate laufzeit rum fast konstant, während sie bei 1 jahr laufzeit krass nach oben und unten extrem schwanken.
kann des sein dass des an dem dabei angewandten mathematischen modell liegt?? hab von dem verwendeten svensson-modell leider (noch) keinen plan ?(
ansonsten klingt deine Marktsegmentierungsthese ganz plausibel, soweit ich die versteh..

Ich sehe gar nicht wirklich, daß der instanteneous Zins bei 1 Jahr so stark schwankt, vergleichen mit dem 6M. In meinem Excel-File hat die 6M Spot Rate eine vola von 0,85 vgl. 1Y mit 0,87.

Auf der ECB-Seite kannst du dir ja nur das letzte Jahr anschauen, nimm wirklich mal mein Excel-File und schau dir eine größere Histroie an, nicht nur die Niedrigzinsperiode.

Das Svensson-Model ist nur ein erweitertes Nelson-Sigel-Modell. Allen liegt zugrunde, das man die YC irgendwie parametrisieren möchte, um ihre charakteristischen Formen möglichst gut wiederzugeben. Hier komtm wieder die PCA ins Spiel. Prinzipiell könnte man ja mit den 3 Faktoren Niveau, Steigung und Krümmung die YC's schon ganz gut abbilden. Man nimmt noch weitere Parameter hinzu, um solche "Huggel" (bumps) besser abbilden zu können und eben mehr Freiheitsgrade in der Darstellung zu haben, aber kein 12- oder höherdimensionales Modell verwenden zu müssen. Die Musik spielt auch wirklich bei diesen 3 Komponenten, der Rest ist nur feintuning.

Ich würde nicht sagen, dass die von dir beobachteten volas nur Artefakte des Modells sind - naja, ich habe ja auch nicht nachvollziehen können, was du genau meinst.